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So interessant können Übersetzungslösungen sein

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Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.

Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Was es bedeutet, „covert“ zu übersetzen (Mai 2020)

Die Unterscheidung zwischen einer „overt“ und einer „covert“ Übersetzung – eingeführt durch Juliane House – sollte entscheidenden Einfluss darauf haben, wie eine Übersetzerin übersetzt. Unter einer sogenannten „overt translation“ verstehen wir eine Übersetzung, die vom Leser der Übersetzung als solche erkannt wird. Anders ausgedrückt, der Leser liest die Übersetzung, um auf diese Weise das entsprechende Original verstehen zu können. Zertifikate, Urkunden und klassische Werke der Literatur beispielsweise werden generell „overt“ übersetzt. Im Gegensatz dazu ist die Übersetzung von Bedienungsanleitungen und journalistischen Texten eher eine „covert translation“, weil die Leserin der Übersetzung entweder gar nicht weiß, dass es sich um eine Übersetzung handelt, oder diese Tatsache für das Lesen und Verstehen des Zieltextes völlig unerheblich ist. Für den Übersetzer ergibt sich aus dieser Unterscheidung eine wichtige Konsequenz speziell für die „covert translation“: Wenn der Ausgangstext für den Leser keine Rolle spielt, sollte der Zieltext so gestaltet sein, dass der Leser diesem das Übersetztsein nicht anmerkt. Der Übersetzer muss daher besonders darauf achten, etwaige Unstimmigkeiten oder Fehler im Ausgangstext nicht in den Zieltext zu übernehmen. Mit anderen Worten: Die Qualität der Übersetzung sollte mindestens so gut sein wie die des Originals.

Unser Beispiel für diesen Monat beruht noch einmal auf Michael Grunwalds Artikel „America’s Untapped Energy Resource: Boosting Efficiency“ aus dem TIME Magazine vom 31. Dezember 2008. In diesem Artikel heißt es: „He is considering incentives for retrofitting inefficient buildings, buying highly efficient appliances and building co-generation plants that help turn waste heat into energy.“ Dieser Satz wurde – scheinbar völlig korrekt – so übersetzt: „Außerdem erwägt er Anreize für die Sanierung energetisch ineffizienter Gebäude, den Erwerb von hocheffizienten Geräten und den Bau von Heizkraftwerken, die Abwärme in Energie umwandeln.“ Verständnisschwierigkeiten gibt es nicht. Wo ist also das Problem?

Das Problem besteht darin, dass die Übersetzerin eine semantische Schwachstelle im Ausgangstext nicht erkennt und diese dadurch auch im Zieltext auftaucht. Dem Durchschnittsleser wird die Schwachstelle vermutlich nicht auffallen; die aufmerksame Leserin jedoch wird merken, dass das Ende des Satzes nicht logisch ist. Denn Abwärme („waste heat“) ist Energie und kann daher nicht mehr in Energie umgewandelt werden. Im Englischen kann durch das Hinzufügen von „usable“ oder „useful“ vor „energy“ das Problem gelöst werden; im Deutschen könnte der Satz lauten: „Außerdem erwägt er Anreize für die Sanierung energetisch ineffizienter Gebäude, den Erwerb von hocheffizienten Geräten und den Bau von Heizkraftwerken, die die Abwärme nutzen.“