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So interessant können Übersetzungslösungen sein

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Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.

Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Frage und Antwort (Juni 2023)

In diesem Monat bespreche ich ein weiteres Übersetzungsbeispiel aus dem Artikel „Shifting On Its Pivot“ von Michael Elliott (Time.com, 18. Juni 2009), in dem es um mehrere historisch wichtige Ereignisse in der Welt geht, die alle Anfang Juni 1989 geschahen. Ein daraus sich ergebender Aspekt ist der aufkeimende islamistische Terrorismus: „With the benefit of hindsight, it was worth asking: What will those fighters do now? The answer would come soon enough, as radical Islam spilt out of its heartland and took the shape of international terrorism.“

Auf Deutsch: „Im Nachhinein, war es die Frage wert: Was werden diese Kämpfer nun tun? Die Antwort kam früh genug, als der radikale Islam aus dem Landesinneren ausströmte und die Gestalt eines internationalen Terrorismus annahm.“ In dieser Übersetzung stecken mehr Fehler als nur das unangebrachte erste Komma.

Der Ausdruck „war es die Frage wert“ ergibt im Zusammenhang keinen Sinn – nicht in erster Linie wegen der Wortwahl, als vielmehr wegen des unpassenden Modus: Statt des Indikativs ist der Konjunktiv angesagt, da es sich hier um eine alternative Überlegung für die Vergangenheit handelt. Wenig sinnvoll ist auch: „Die Antwort kam früh genug“. Zwar kann „früh genug“ genau wie „soon enough“ verschiedene Bedeutungen haben: (1) „rechtzeitig“ in einem positiven Zusammenhang (etwas passiert früh genug, damit dann etwas anderes passieren kann); (2) „zu gegebener Zeit“ oder „wenn die Zeit reif ist“ (etwas passiert früh genug, so dass man sich jetzt noch nicht damit befassen muss und auch nicht darauf warten sollte); (3) „früher als erwartet“ oder „früher als man denkt“ in einem negativen Zusammenhang (etwas passiert noch früh genug – jemand macht eine negative Erfahrung früher als ihm oder ihr lieb ist). Die jeweilige Bedeutung entsteht im Kontext. Doch während der englische Ausdruck die dritte Bedeutung nahelegt, fehlt dem deutschen die Eindeutigkeit. Eine solche Eindeutigkeit wäre etwa gegeben durch: Die Antwort bekam die Welt früh genug zu spüren. Ein letzter Kritikpunkt ist die Übersetzung von „heartland“ mit „dem Landesinneren“. Auch wenn das Concise Oxford English Dictionary den englischen Begriff definiert als „the central and most important part of an area“, ist an dieser Stelle wegen des auf „Islam“ bezogenen Possessivpronomens „its“ nicht das Innere eines bestimmten Landes gemeint.

Die oben genannten Probleme lassen sich zum Beispiel mit folgender Übersetzung beheben: Im Nachhinein hätte man sich die Frage stellen sollen: Was werden diese Kämpfer nun tun? Die Antwort folgte auf dem Fuße, als der radikale Islam sich über sein Kernland hinaus verbreitete und die Gestalt eines internationalen Terrorismus annahm.