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So interessant können Übersetzungslösungen sein

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Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.

Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Über das Beheben von Fehlern (April 2022)

Sirhan Sirhan – der Mann, der 1968 Robert Kennedy erschoss – sollte auf Bewährung freikommen. Der Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, legte jedoch sein Veto ein. Das North Wales Chronicle online zitiert ihn am 14. Januar 2022 mit den Worten: „After decades in prison, he has failed to address the deficiencies that led him to assassinate Senator Kennedy. Mr Sirhan lacks the insight that would prevent him from making the same types of dangerous decisions he made in the past.“

Auf tagesschau.de erscheint ebenfalls am 14. Januar eine deutsche Übersetzung des Zitats: „‚Nach Jahrzehnten im Gefängnis hat er die Fehler, die ihn zur Ermordung von Senator Kennedy veranlasst haben, immer noch nicht behoben.‘ Sirhan fehle es an der ‚nötigen Klarheit, um ihn davon abzuhalten, die gleichen gefährlichen Entscheidungen wie in der Vergangenheit zu treffen.‘“

Diese Übersetzung ist zwar nicht direkt falsch, wirft aber dennoch in zweierlei Hinsicht Probleme auf.

Da ist zum einen die Aussage, dass Sirhan Sirhan gewisse Fehler immer noch nicht behoben hat. Bei diesen Fehlern handelt es sich offensichtlich um charakterliche Schwächen der Person Sirhan Sirhan. Solche Schwächen können zwar durchaus als „Fehler“ bezeichnet werden; jedoch werden Fehler in einem solchen Zusammenhang für gewöhnlich nicht „behoben“. Behoben werden Fehler typischerweise, wenn sie technischer Natur sind und etwa in Maschinen oder Geräten auftreten. Charakterliche Fehler können korrigiert werden, nachdem sich die betroffene Person selbst mit ihnen auseinandergesetzt hat.

Zum anderen wirkt der Finalsatz („um ihn davon abzuhalten“) fehl am Platz. Warum? Weil hier der Bezug zum Hauptsatz wenig stringent ist. Dieser Mangel an Stringenz lässt sogar eine Fehlinterpretation zu: Sirhan fehlt es an Klarheit, damit er von etwas anderem abgehalten wird. Mit anderen Worten: Es ist die Abwesenheit der Klarheit (und nicht die Klarheit selbst), die ihn von etwas abhält! Eine stringentere Variante wäre: Sirhan fehlt es an der Klarheit, die nötig ist, um ihn davon abzuhalten, etwas zu tun.

Als Ergebnis dieser Diskussion kommt die folgende Übersetzung in Betracht: „Nach Jahrzehnten im Gefängnis hat er sich immer noch nicht mit den Schwächen auseinandergesetzt, die ihn dazu brachten, Senator Kennedy zu ermorden.“ Sirhan fehle es an der Einsicht, „die ihn davon abhalten würde, die gleichen gefährlichen Entscheidungen wie in der Vergangenheit zu treffen.“