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So interessant können Übersetzungslösungen sein

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Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.

Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Verstehen (Mai 2022)

Im Januar 2022 entschied ein Schulamt im US-Bundesstaat Tennessee, dass der weltberühmte Holocaust-Comic „Maus“ aus Schulbibliotheken verbannt werden soll. Art Spiegelman, der Autor des Comics, bezeichnete die Behörde als „Orwellian“ und sagte dann: „I also understand that Tennessee is obviously demented.“ (Quelle: CNBC.com, 26. Januar 2022)

Am 27. Januar 2022 griff ntv die Nachricht auf: Art Spiegelman hält die Schulbehörde für „orwellianisch“ und sagt über den US-Bundesstaat: „Ich verstehe auch, dass Tennessee offensichtlich dement ist.“ Beide Übersetzungen sind suboptimal.

Der Ausdruck „orwellianisch“ scheint mir eine durch den Einfluss der englischen Sprache entstandene Fehlkonstruktion zu sein. Zwar gibt es Adjektive mit der Endung -ianisch – indianisch, gregorianisch, venezianisch; jedoch haben von Personennamen abgeleitete Adjektive in der Regel das Suffix -sch. Als Schreibvarianten kommen laut Duden sowohl „orwellsch“ als auch „Orwell’sch“ in Frage.

Etwas komplizierter ist die Auseinandersetzung mit der zweiten Übersetzung. Das Zitat „Ich verstehe auch, dass Tennessee offensichtlich dement ist“ ergibt keinen rechten Sinn. Nähmen wir Art Spiegelman beim Wort, würde dieser Verständnis dafür zeigen, dass gewisse Leute in Tennessee offensichtlich dement sind. Gemeint ist aber doch: So wie die Schulbehörde sich in diesem Fall verhält, muss man zwangsläufig zu dem Schluss kommen, dass Tennessee dement ist. Das Verb „understand“ hat in diesem Zusammenhang nicht die gängige Bedeutung von „verstehen“, sondern beschreibt die Annahme, dass ein Sachverhalt aufgrund eines anderen Sachverhalts so ist, wie er ist. Hier böte sich als Übersetzung an: Außerdem ziehe ich daraus den Schluss, dass Tennessee offensichtlich dement ist.