Like-Blog
So interessant können Übersetzungslösungen sein
Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.
Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Nuancen (Februar 2021)
Wie im Vormonat beziehe ich mich auf eine Passage aus „The Meaning of Michelle Obama“ von Nancy Gibbs und Michael Scherer: „She makes fun of herself and of her husband, and teases a male reporter about his struggle to accurately describe her outfit during her European tour.“
Die deutsche Übersetzung lautet: „Sie macht sich über sich selbst und ihren Mann lustig und sie neckt den männlichen Reporter, der Schwierigkeiten hat, ihr Outfit während ihrer Europatour treffend zu beschreiben.“ Sehen Sie hier ein Problem?
Wenn Sie kein Problem sehen, ist das nicht verwunderlich. Denn das, worum es hier geht, ist kein offensichtlicher Fehler, der sich etwa durch einen Wörterbucheintrag belegen ließe. Für das englische Verb „tease“ gibt es viele verschiedene Übersetzungsmöglichkeiten. Eine davon ist sicherlich „necken“. Im Duden findet sich online zu diesem Verb folgende Definition: „durch scherzende, spottende, stichelnde Bemerkungen, Anspielungen o. Ä. seinen Scherz mit jemandem treiben“. Das passt eigentlich perfekt.
Trotzdem habe ich beim Lesen der Übersetzung das Gefühl, dass hier ein anderes Verb gefunden werden sollte. Dieses Gefühl wird nach einigem Überlegen durch die Erkenntnis gestützt, dass „necken“ wohl eine engere Beziehung zwischen Neckendem (oder Neckender) und Genecktem (oder Geneckter) konnotiert. Ich würde also nie einen wildfremden Menschen necken, sondern eher einen Freund oder eine Freundin.
Was wäre denn die Alternative zu „necken“? Das Verb „ärgern“ wäre nicht besonders passend, weil es die Möglichkeit einer bösen Absicht impliziert: nämlich, jemanden zu verdrießen. Ähnlich wie „necken“ wäre „hänseln“ eher bei Menschen angebracht, die man kennt. Mein Vorschlag für die Übersetzung ist: Sie macht sich über sich selbst und ihren Mann lustig und sie veräppelt den männlichen Reporter, der Schwierigkeiten hat, ihr Outfit während ihrer Europatour treffend zu beschreiben.