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So interessant können Übersetzungslösungen sein

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Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.

Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Polnisches Erwachen (Mai 2023)

Wie im April-Blog stammt das Übersetzungsbeispiel in diesem Monat aus dem Artikel „Shifting On Its Pivot“ von Michael Elliott (Time.com, 18. Juni 2009), in dem es um mehrere historisch wichtige Ereignisse in der Welt geht, die alle Anfang Juni 1989 geschahen. Nach China und Iran kommt nun Polen zur Sprache, wo am 4. Juni 1989 die ersten teilweise demokratischen Parlamentswahlen stattfanden: „As grief and horror respectively gripped Tehran and Beijing, Poles were awakening to a day of hope.“

Übersetzt lautet der Satz: „Als Teheran und Peking jeweils von Trauer und Horror erfasst waren, wurden sich die Polen eines hoffnungsvollen Tages bewusst.“ Hier ist sowohl der temporale Nebensatz als auch der Hauptsatz nicht optimal übersetzt.

Im Nebensatz führt die Übersetzung von „respectively“ mit „jeweils“ zu einem möglichen Missverständnis, da so die Bedeutung suggeriert wird, dass sowohl Peking als auch Teheran von Trauer und Horror erfasst wurden. Eine dem Englischen nachempfundene Konstruktion mit „beziehungsweise“ – etwa: „Als Teheran und Peking von Trauer bzw. Horror erfasst wurden“ – ist zwar möglich, jedoch nicht besonders schön. Im Hauptsatz ist die Übersetzung von „awaken“ mit „sich bewusst werden“ unpassend. Zwar hat „awaken“ im Gegensatz zu „awake“ diese zusätzliche transitive Bedeutung, insbesondere auch in Kombination mit der Präposition „to“, doch ergibt das Ergebnis („sich eines hoffungsvollen Tages bewusst werden“) keinen rechten Sinn. Auch in Anbetracht der im Text gegebenen stundengenauen Zeitumstände an diesem Tag ist die Bedeutung die, dass die Polen am Morgen des 4. Juni aufwachen und wissen, dass in ihrem Land hoffnungsvolle Wahlen stattfinden.

Insgesamt ließe sich übersetzen: Während Teheran trauerte und Peking vor Horror erstarrte, erwachten die Polen in Erwartung eines hoffnungsvollen Tages.