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So interessant können Übersetzungslösungen sein

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Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.

Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Hundepfeifen (Dezember 2020)

Die noch nicht durch einen entsprechenden Wörterbucheintrag autorisierte wörtliche Übersetzung bestimmter Ausdrücke wird von Leuten, die sich in beiden Sprachen auskennen, oft mit einem Naserümpfen als sprachlicher Fauxpas abgetan. Und selbstverständlich ist eine solche Übersetzung abzulehnen, wenn dadurch der Sinn in der Zielsprache unklar wird. Wenn der Sinn in der Zielsprache jedoch klar ist, stünde einer wörtlichen Übersetzung eigentlich nichts im Wege – abgesehen von der Tatsache, dass Sprachpuristen sich an dem ungewöhnlichen Ausdruck stoßen.

Der britische Übersetzungswissenschaftler Peter Newmark hat einmal argumentiert, dass die englische Sprache durchaus von der wörtlichen Übersetzung mancher Begriffe profitieren würde. Als Beispiel nennt er unter anderem den deutschen Ausdruck „guten Appetit“, der im Englischen als „good appetite“ problemlos verstanden und die Sprache bereichern würde. Solange das Verständnis gesichert ist, kann man diese Position durchaus vertreten. Wo das nicht der Fall ist, sollte man von einer wörtlichen Übersetzung absehen.

Das Verständnis ist bei einer wörtlichen Übersetzung in der Regel dann gesichert, wenn der Verwendung des infrage stehenden Begriffes eine Bedeutung zugrunde liegt, die sich ohne Weiteres aus seiner eigentlichen Bedeutung ergibt. Dabei ist eine logische Verbindung zwischen eigentlicher und angestrebter Bedeutung zwar hilfreich, aber nicht unbedingt ausreichend – wie das folgende Beispiel zeigt.

Die Online-Nachrichten der Tagesschau vom 30. September 2020 befassen sich mit dem ersten Fernsehduell zwischen dem amerikanischen Präsidenten, Donald Trump, und seinem Herausforderer, Joe Biden: „Beim Thema Rassismus beschuldigte Biden Trump, nichts für die afroamerikanische Bevölkerung getan zu haben. Trump habe ‚alles als Hundepfeife benutzt, um rassistischen Hass, rassistische Spaltung zu erzeugen‘. Trump entgegnete, Biden habe Afroamerikaner ‚so schlecht wie jeder in diesem Land‘ behandelt.“

Was Biden tatsächlich gesagt hat, war: „This is a president who has used everything as a dog whistle, to try to generate racists hatred, racist division.“ Und die Trump-Äußerung lautet im Original: „[...], you have treated the black community about as bad as anybody in this country.“ Bevor ich die Übersetzung kommentiere, können Sie sich zunächst selbst überlegen, weshalb ich beim Lesen der deutschen Nachricht Verständnisschwierigkeiten hatte.

Völlig unverständlich erscheint mir der Ausdruck „Trump hat alles als Hundepfeife benutzt“. Hier liegt eine wörtliche Übersetzung des Originals vor (Trump has used everything as a dog whistle), das jedoch ohne Weiteres auch nicht verständlich ist. Der Grund liegt in einer offensichtlichen Auslassung: Trump has used everything he has said as a dog whistle. Gemeint ist damit eine verklausulierte Botschaft an seine Anhänger, die diese richtig zu interpretieren wissen. Die Logik dieser übertragenen Bedeutung von „dog whistle“ ist folgende: Genau wie die Signale einer Hundepfeife (mit Tönen im für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbaren Ultraschallbereich) ausschließlich von Hunden verstanden werden, so wird der Code mancher politischer Rede nur von jenen richtig interpretiert, die diesen Code kennen. So klar diese Logik auch sein mag: Selbst wenn man die deutsche Variante zu „Trump hat alles, was er gesagt hat, wie eine Hundepfeife benutzt“ ändern würde, wäre das Verständnis so noch nicht gesichert.

Die WELT online löst das Problem, indem sie den fraglichen Ausdruck erläutert: „Herausforderer Joe Biden schrieb am Mittwoch in einem Tweet, er habe genug vom ‚rassistischen Hundepfeifen‘ von Donald Trump. ‚Hundepfeifen-Politik‘ meint die Verwendung codierter Sprache, die nur von der eigenen Anhängerschaft erkannt wird.“ Mein eigener Vorschlag wäre eine verständliche Übersetzung: Dies ist ein Präsident, der alles, was er sagt, in unterschwellige Sprachmuster für seine Anhängerschaft kleidet, um rassistischen Hass, rassistische Spaltung zu erzeugen.

Damit wäre dieser Blog-Beitrag eigentlich schon beendet. Doch ist außer der Hundepfeifenübersetzung auch die Übersetzung der Entgegnung Trumps unverständlich. Biden habe Afroamerikaner so schlecht wie jeder in diesem Land behandelt: Was, bitte, soll das heißen? Jeder in den USA (inklusive Biden) hat die Afroamerikaner schlecht behandelt? Das Pronomen „anybody“ ist nicht „everybody“, genauso wenig wie „irgendwer“ „jeder“ ist. Gemeint ist: Biden hat die Afroamerikaner schlechter behandelt als sonst jemand.