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So interessant können Übersetzungslösungen sein

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Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.

Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Ein Problem des langen Satzes (November 2022)

Für das Schreiben verständlicher Texte gilt, im Deutschen wie im Englischen, die KISS-Regel: Keep It Short and Simple. Lange Sätze sind möglichst zu vermeiden, weil sie schwerer verständlich sind als kurze. Beim Übersetzen eines langen Satzes hat der Übersetzer oder die Übersetzerin zwei Möglichkeiten: Er oder sie kann (1) in der Zielsprache einen ebenso langen Satz verwenden oder (2) den Ausgangssatz durch mehrere zielsprachliche Sätze wiedergeben. Die erste Möglichkeit ist vorzuziehen, wenn die Satzlänge im Ausgangstext stilistisch bedeutsam ist; die zweite Möglichkeit bietet sich an, wenn der Satz im Ausgangstext deshalb so lang ist, weil der Verfasser oder die Verfasserin sich nicht die Mühe gemacht hat, das, was er oder sie mitteilen möchte, so effizient wie möglich mitzuteilen. Findet die erste der beiden Möglichkeiten Anwendung, bedarf es hoher Aufmerksamkeit und großer Sorgfalt, um sicherzustellen, dass der Zielsatz genauso funktioniert wie der Ausgangssatz.

Als Beispiel für ein Problem, das sich bei der Übersetzung eines langen Satzes ergeben kann, zitiere ich noch einmal eine Passage aus „Sonia Sotomayor: A Justice Like No Other“ (TIME, 28. Mai 2009) von Richard Lacayo: „Like that of most lower-court judges, much of her history on the bench has involved minute applications of the law, not the kind of cases in which life experience, even when it is as inspiring as hers, would have offered much guidance.“

Die Übersetzung besteht ebenfalls aus einem Satz: „Vieles ihrer Geschichte auf der Richterbank hat, wie bei zahlreichen anderen Richtern am Bezirksgericht, eine sorgfältige Anwendung des Rechts erfordert, jedoch nicht die Art von Fällen, in denen Lebenserfahrung, selbst wenn sie so inspirierend wie die ihre ist, viel Hilfestellung geboten hätte.“ Finden Sie das Problem?

Das Problem ist folgendes: Während sich im Englischen sowohl „minute application of the law“ als auch „not the kind of cases“ auf die Verbform „has involved“ bezieht, funktioniert ein solcher doppelter Bezug in der deutschen Version mit „erfordert“ nicht.

Als Lösung des Problems bietet sich die Umformulierung mit einem anderen Verb an, zum Beispiel: Wie viele andere Richter an unteren Instanzen auch, hat sie in ihrer richterlichen Vergangenheit viel mit einer sorgfältigen Anwendung des Rechts zu tun gehabt, nicht jedoch mit der Art von Fällen, in denen [...].

Das Problem eines nicht funktionierenden syntaktischen Doppelbezugs ist – wie die vergangenen Monat beschriebene Idiomatizitätsfalle – nicht übersetzungsspezifisch, sondern kann immer dann entstehen, wenn ein Texter oder eine Texterin beim Texten den syntaktischen Überblick verliert.