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So interessant können Übersetzungslösungen sein

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Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.

Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Giovanna, Carmela und Giuseppe (Dezember 2023)

Mark Seal schreibt in seinem Artikel „The Trouble with Harry’s“, (Vanity Fair, 2. November 2009) über Arrigo Cipriani: „Over a week of successive dinners, he has seduced me with his glacial martinis, his stellar clientele, his two beautiful daughters, Giovanna and Carmela, and the promise of a meeting with his dashing 44-year-old son, Giuseppe, whose mission to expand the family business into a global brand is what got them into their current, precarious situation.“

Auf Deutsch wurde daraus: „Im Laufe einer Woche aufeinanderfolgender Abendessen hat er mich mit seinen eiskalten Martinis für sich eingenommen, ebenso wie mit seinem prominenten Publikum, seinen beiden bezaubernden Töchtern Giovanna und Carmela und dem Versprechen auf ein Treffen mit Giuseppe, seinem schneidigen 44-jährigen Sohn, dessen Auftrag, das Familienunternehmen zu einer globalen Marke zu erweitern, die Ciprianis erst in ihre jetzige, prekäre Situation gebracht hat.“

Sehr schön ist, unter anderem, „er hat mich mit seinen [...] Martinis für sich eingenommen“ für „he has seduced me with his [...] martinis“. An drei Stellen halte ich die Übersetzung jedoch für verbesserungswürdig.

Da ist zum einen die Formulierung „mit [...] dem Versprechen auf ein Treffen“. Wenn nach dem Substantiv „Versprechen“ die Präposition „auf“ folgt, so geschieht das in der Regel in einem Zusammenhang, in dem das Versprochene ein eher allgemeines oder auch abstraktes Konzept darstellt, das für die Person, der es – in einem etwas erweiterten Sinne – „versprochen“ wurde, Realität werden kann. Beispiele sind: das Versprechen auf ein besseres Leben oder das Versprechen auf Freiheit. Konkretere Dinge oder Ereignisse werden mit einem Genitiv versprochen: das Versprechen eines Spielzeugs oder eines Treffens. Im vorliegenden Fall würde ich jedoch auf eine weitere Lösungsmöglichkeit ausweichen und einer „Aussicht auf ein Treffen mit Giuseppe“ den Vorzug geben.

Der zweite Kritikpunkt betrifft die Übersetzung von „mission“ mit „Auftrag“. Nicht, dass diese Übersetzung generell unpassend wäre; doch suggeriert „Auftrag“ eine Anordung durch jemand anderen, während im gegebenen Kontext Giuseppes Erweiterungsentscheidung wohl eher auf Eigeninitiative beruht. Daher scheint es mir sinnvoller, hier Begriffe wie „Idee“, „Überlegungen“ oder auch „Mission“ zu verwenden.

Vergleichsweise unauffällig ist die dritte verbesserungswürdige Stelle. Es geht um das letzte Komma des Satzes („jetzige, prekäre“), das –trotz der Vorgabe im Original – eher nicht zwischen die beiden Adjektive gehört. Denn die Situation ist eigentlich nicht jetzig und prekär, sondern die prekäre Situation ist jetzt. Daher sollte das Komma weggelassen werden – übrigens auch im Englischen.