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So interessant können Übersetzungslösungen sein

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Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.

Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Vollgestopft (September 2020)

Monica Ali berichtet in ihrem „Letter from Uganda“, der am 15. Oktober 2006 im Guardian erschienen ist und aus dem ich im Juni schon eine Passage zitiert habe, unter anderem über Gesundheitserziehung in ugandischen Flüchtlingscamps. In einem dieser Camps, Amida, begleitet sie Geoffrey, den Gesundheitsbeauftragten von Oxfam, zu dessen Hütte: „As I slide through the mud, between the tightly packed huts, following Geoffrey, Oxfam’s public-health facilitator, to his home, I almost laugh at the naivety with which I viewed those laminated cards.“

Die Übersetzerin gibt diesen Satz wie folgt wieder: „Als ich durch die vollgestopften Hütten durch den Matsch schlittere und Geoffrey, dem Gesundheitsbeauftragten von Oxfam, zu seinem Heim folge, muss ich über die Naivität, mit der ich diese beschichteten Karten betrachtet hatte, fast lachen.“ Diese Übersetzung ist an zwei Stellen verbesserungswürdig. Sind Ihnen diese Stellen schon ins Auge gesprungen?

Stilistisch unpassend ist das Substantiv „Heim“ als Übersetzung für „home“. Dies gilt nicht per se, sondern im gegebenen Kontext. Der Duden definiert „Heim“ als „jemandes Wohnung, Zuhause (unter dem Aspekt von Geborgenheit, angenehmer Häuslichkeit)“ und gibt als Beispiel u.a. „das Heim schmücken“ – eine durchaus passende Übersetzung für „decorate one’s home“. Daher ist für den deutschen Text das Substantiv „Hütte“ geeigneter.

Verglichen mit diesem stilistischen Fehler, ist die sinnverändernde Übersetzung des Satzanfangs gravierender. Was sind denn, bitte, „vollgestopfte Hütten“? Gewiss, es gibt den Ausdruck „tightly packed suitcase“, der natürlich so etwas wie einen vollgestopften Koffer bezeichnet. Womit sind die Hütten denn vollgestopft? Als Verweis darauf, dass hier viele Menschen auf engem Raum leben, wäre eine solche Formulierung despektierlich. Mit den „tightly packed huts“ ist allerdings etwas anderes gemeint: ein geringer Abstand zwischen den vielen Hütten im Flüchtlingscamp. Das ergibt sich insbesondere auch aus dem Plural „huts“.

Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ließe sich übersetzen: Als ich zwischen den dicht an dicht stehenden Hütten durch den Matsch schlittere und Geoffrey, dem Gesundheitsbeauftragten von Oxfam, zu seiner Hütte folge, muss ich über die Naivität, mit der ich diese beschichteten Karten betrachtet hatte, fast lachen.