Like-Blog
So interessant können Übersetzungslösungen sein
Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.
Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Zeitbezüge (September 2023)
Zeitbezüge können an unterschiedlichen Stellen im Satz auftreten – häufig, ohne dass sich dadurch die Bedeutung ändert. Das Englische ist hier vielfach flexibler als das Deutsche: Während ein englischer Zeitbezug sowohl am Satzanfang als auch in der Satzmitte und am Satzende stehen kann, bleibt ein deutscher Zeitbezug in der Regel am Anfang oder in der Mitte eines Satzes. Wer also aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt, wird daher einen Zeitbezug am Satzende in der Zielsprache entweder an den Satzanfang oder in die Mitte des Satzes platzieren. Dass die Wahl zwischen Satzmitte und Satzanfang in einigen Fällen nicht beliebig ist, zeigt das folgende Beispiel.
In „Project Green: The Race for Survival“ (Newsweek.com, 31. Mai 2008) schreibt Jerry Adler über Eisbärenjunge: „The one-year survival rate for new cubs has dropped to 40 or 45 percent from 60 to 65 percent two decades ago [...].“
In der Übersetzung wurde der Zeitbezug an den Satzanfang gestellt: „Vor zwanzig Jahren fiel die Rate der Eisbärenjungen, die ihr erstes Lebensjahr überlebten, von 60 bis 65 Prozent auf 40 bis 45 Prozent.“
Durch diese Verlagerung des Zeitbezugs ändert sich jedoch auch die Bedeutung des Satzes: Auf einmal haben wir schon um 1988 eine Überlebensrate von 40 bis 45 Prozent, die zum damaligen Zeitpunkt rapide gesunken ist – nämlich von 60 bis 65 Prozent in einem nicht näher bestimmten Zeitraum vor 1988. Im englischen Original beträgt die Überlebensrate im Jahr 2008 nur noch 40 bis 45 Prozent, während sie zwanzig Jahre zuvor noch bei 60 bis 65 Prozent lag.
Eine andere Positionierung, die den Zeitbezug zu den „60 bis 65 Prozent“ ermöglicht, löst das Problem: Die Rate der Eisbärenjungen, die ihr erstes Lebensjahr überlebten, fiel von 60 bis 65 Prozent vor zwanzig Jahren auf nunmehr 40 bis 45 Prozent.